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Lieselei – Nett gemeint, aber zu wenig.

Mit Beginn der Corona-Krise wurde der Ruf nach Rückkehrer*innen in den Pflegeberuf groß. Mit dem Ziel die Krise zu meistern, entstanden viele Plattformen, die an ehemalige Pflegekräfte appellierten, jetzt zu helfen. Das war nett gemeint, aber es braucht mehr als Appelle und Dankbarkeit, um den Pflegeberuf auf Dauer attraktiv zu machen. Ein Kommentar dazu von Christoph Gukelberger.

02/2020 – Nett gemeint, aber zu wenig.

Mit Beginn der Corona-Krise war die Dankbarkeit für Pflegekräfte groß, die Bedeutung ihrer Arbeit rückte für eine kleine Weile in den Mittelpunkt der Berichterstattung. Wie viel sie täglich leisten, wie wichtig sie für den Zusammenhalt der Gesellschaft sind – wie systemrelevant ihre Arbeit ist. Aber auch der Ruf nach mehr Pflegepersonal wurde besonders laut.

Viele Initiativen und Webseiten entstanden, die ehemalige Pflegekräfte aufriefen, sich wieder in ihrem alten Beruf zu engagieren. Ich glaube, dass diese Initiativen wohl gemeint sind und aus einem ernsthaften Bedürfnis entstanden, jetzt etwas tun zu wollen, das der Gesellschaft beim Überstehen der Krise hilft. Einige ehemalige Pflegekräfte und Freiwillige engagierten sich auch sofort – dafür gilt ihnen viel Respekt.

Wer solche Initiativen als Versuch betrachtet, den notorisch unterbesetzten Pflegesektor mit mehr Personal zu versorgen, wird schnell gemerkt haben/merken, dass das zu kurz und nicht nachhaltig gedacht ist. Wer den Pflegeberuf verlassen hat, hatte oftmals individuelle, aber häufiger doch dem System geschuldete Gründe. Zu den häufigsten zählen eine zu hohe Arbeitsbelastung, zu wenig Personal, aber auch eine zu hohe Diskrepanz zwischen dem Berufsideal und dem tatsächlichen betrieblichen Alltag mit Schichtdienst, wenig Zeit und relativ geringem Gehalt.

Ein großes Potential für Rückkehrer besteht auf dem Papier. Laut Gesundheitsberichterstattung des Bundes wurden in den letzten 25 Jahren 625.000 Pflegekräfte ausgebildet. Davon sind ungefähr 335.000 wieder aus ihrem Beruf ausgeschieden. Das ist eine erschreckend große Zahl. Mit einem Aufruf und Appell an die eigene Verantwortung allein sind Rückkehrer aber nicht zu motivieren, sich wieder langfristig in der Pflege zu engagieren. Die Bedingungen haben sich ja gar nicht geändert seit dem eigenen Ausscheiden aus dem Beruf.

Erst wenn es umfangreiche Veränderungen der Arbeitsbedingungen gibt, wird der Beruf auch wieder attraktiv. Denn wenn die Bedingungen stimmen, würden laut der PflegeComebackStudie von 2018 fast die Hälfte der ausgebildeten Pflegekräfte zurückkehren. Das wäre eine unglaubliche Zahl. Und selbst wenn nur einige zurückkehren, würde es den Pflegenotstand lindern. Aber das geht nur mit viel Engagement auf Seiten der Pflegebranche und der Politik: Und mit Engagement meine ich auch mehr Geld für mehr Personal und für den Aufbau besserer Strukturen und weniger Zeitdruck.

Das ist ein dickes Brett, es braucht Zeit und den Mut neue Strategien zu entwickeln und voranzubringen. Aber mit steigender Zahl an pflegebedürftigen Menschen in Deutschland, wird der Druck noch mehr steigen. Und Pflegekräfte arbeiten immer hart und sind immer systemrelevant, auch unabhängig von Corona.

Bleiben Sie im Dialog!
Ihr Christoph Gukelberger

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